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Xylit Kaugummis – wie sinnvoll sind sie? Das sagen Zahnexperten & Studien
Kauen für die Mundgesundheit - das bringen Xylit Kaugummis wirklich
- GESCHRIEBEN VON The Dental Check
- Februar 2, 2021
Was ist Xylit?
Süßigkeiten machen Karies! Das bringen wir schon unseren Kindern bei und tatsächlich stimmt die Aussage. Allerdings bezieht sich diese Aussage nur auf Süßigkeiten, die industriellen Zucker erhalten, nicht jedoch auf Produkte mit Xylit. Denn Xylit ist nicht kariogen, wie diese Studie beweist. Doch worum handelt es sich nun bei dieser süßen Zuckerart, die ähnliche Süßungseigenschaften wie Zucker aufweist?
Xylit ist ein Zuckeralkohol und stammt aus der gleichen Gruppe wie Lactit und Sorbit. Im Vergleich zu anderen Süßungsmitteln hat Xylit allerdings einen eindeutigen Vorteil: Die antikariogene Wirkung. Xylit löst nicht nur keine Karies aus, sondern kann das Risiko der Entstehung sogar verringern.
Diese Wirkung wurde in den 70-er Jahren in Finnland entdeckt. Schon damals gab es Studien, die die Reduktion von Karies bei Konsumenten von Xylit feststellten. Auch immer mehr Zahnärzte gewannen Interesse an diesen Thesen und so gehört Xylit heute für zahlreiche Experten zur wirkungsvollen Ergänzung der Mundhygiene.
Wie wirkt Xylit auf die Zähne?
Erkrankungen im Mundraum können weitreichende Folgen haben.
Zu den bekanntesten Zahnbeschwerden gehört Karies. Die Entstehung ist schnell erklärt: Im Mund sammeln sich Bakterien, die den Zahnschmelz porös machen und ins Zahnmark vordringen. Wird die Karies nicht behandelt, schreitet sie unaufhaltsam weiter fort und hinterlässt die typischen „Löcher“ im Zahn.
Was den wenigsten Menschen bekannt ist: Zahnkaries kann vollständig vermieden werden doch Zähneputzen allein hilft hier nicht.
Das ausgerechnet ein Kaugummi die entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Mundgesundheit spielt, war und ist für viele Experten erstaunlich. Doch mit Xylit Kaugummis ist das tatsächlich möglich. Kaugummis sind beliebt und werden von Kindern wie Erwachsenen gern gekaut. Doch eigentlich ist Kaugummi doch eine Süßigkeit, oder?
Dass eine Substanz namens Xylitol aus dem Kaugummi ein effektives Mittel zur Zahnhygiene macht ist erstaunlich, aber Experten schon seit mehr als 30 Jahren bekannt. Insgesamt wurden weltweit bereits mehr als 300 Studien zur Wirkungsweise von Xylit und zur Auswirkung auf die Entstehung von Karies durchgeführt. Was unter Experten daher weitreichend bekannt sein dürfte, ist für Laien oft immer noch eine Überraschung.
Die antikariogene Wirkung von Xylit auf die Zähne
In den Jahren 1972 und 1975 wurden randomisierte Studien unter finnischer Leitung durchgeführt. Es wurde eine deutliche Verringerung von Kariesbakterien aufgrund der Nutzung von Xylitol ermittelt. Auch heutige Studien belegen die damaligen Ergebnisse.
Es ist anzunehmen, dass die antikariogene Wirkung darauf beruht, dass die regelmäßige Einnahme von Xylitol zu einer Reduktion der Plaques führt. Die für Karies verantwortlichen Bakterien wie beispielsweise Streptococcus mutans werden durch den Verzehr von Xylit Kaugummis in ihrem Wachstum gehemmt.
Studien zur Folge ist nicht der Kaueffekt für diese Resultate verantwortlich, sondern der verstärkte Speichelfluss. Wurden in Blindstudien von Kontrollgruppen Kaugummis ohne Xylit verzehrt, war der Effekt deutlich geringer bzw. nicht vorhanden.
Können Xylit Kaugummis Karies vorbeugen?
In einem Interview mit Prof. Dr. Joachim Klimek, welches er dem Dentalmagazin gab, hob der Experte eindeutig den Effekt von Xylit Kaugummis auf die Entstehung von Karies hervor. Der Professor gab zu bedenken, dass Kaugummis allein nicht in der Lage seien Karies zu verhindern. In Kombination mit einer ausgewogenen Mundhygiene können Sie aber der Entstehung von Karies vorbeugen.
Doch wie wirkt der Kaugummi Genuss im Einzelnen auf die Zähne? Auch hier konnte Prof. Klimek aufschlussreiche Antworten geben. Ein Schlüssel ist der Speichel, der in unterschiedlicher Menge im Mundraum vorhanden ist. Durch Speichel werden kariogene Substanzen abtransportiert. Das Kauen von Xylit Kaugummis sorgt für eine Anregung des Speichelflusses und somit zum schnelleren Abtransport von kariogenen Bakterien.
Doch wenn Kauen allein den Speichelfluss verstärkt, wäre doch auch der Konsum eines handelsüblichen Kaugummis denkbar? Nein, denn hier spielt der Inhaltsstoff Xylit eine Rolle. Während andere Süßstoffe und gar Zucker die Entstehung kariogener Bakterien fördern, vermindert Xylit die Entstehung.
Professor Klimek setzt Zuckeraustauschstoffe wie Xylit, Sorbitol und Mannit auf eine Stufe hinsichtlich des Kariesrisikos. Keiner der drei Süßstoffe kann von im Mund vorhandenen Bakterien in Säure umgewandelt werden und lösen daher keine Karies aus. Anders als Mannit und Sorbitol ist Xylit jedoch zudem in der Lage Karies-Bakterien im Speichel und in der Plaque zu hemmen. Studien an Kinderzähnen haben diese Wirkung bereits belegt.
Der perfekte Zahnpflegetag
Zum Abschluss des Interviews erklärte Prof. Dr. Klimek noch den Ablauf eines aus zahnmedizinischer Hinsicht perfekten Zahnpflegetags. Nach dem Frühstück empfiehlt er eine mindestens zweiminütige Zahnpflege mit einer fluoridierten Zahnpasta. Nach Zwischenmahlzeiten rät der Experte zur Verwendung von zuckerfreien Kaugummis. Für den Abend steht dann noch einmal eine zweiminütige Zahnreinigung auf dem Programm. Als Zusatz können weitere Reinigungsprodukte wie Zahnseide genutzt werden.
Die Auswirkungen von Xylit auf Kinderzähne
Das Kariesbakterien von Müttern (und Vätern) auf Kinder übertragen werden können, ist längst nicht allen Eltern bekannt. Es sind die kleinen Gesten des Alltags, die diese Gefahr steigern. Der Schnuller fällt zu Boden, die Mutter nimmt ihn kurz in den eigenen Mund, um ihn zu säubern. Diese vermeintlich hilfreiche Geste, um das Kind von Bakterien des Bodens zu schützen, kann zu Karies führen!
Durch den Verzehr von Xylit Kaugummis seitens der Mütter ist es bereits in der Schwangerschaft möglich, den Nachwuchs zu schützen. Doch wie funktioniert das?
Durch den regelmäßigen Konsum von Xylit während der Schwangerschaft und nach der Geburt sorgt die Mutter für eine Verminderung der Kariesbakterien im eigenen Mund. Eine Übertragung auf das Kind ist somit trotz gemeinsamen Bestecks unwahrscheinlicher, da die Streptokokkendichte im Mund der Mutter verringert wird.
Der oben genannten Studie zur Folge trat eine Besiedelung mit Karies Bakterien bei Kindern deren Mütter Xylit Kaugummis kauten im Schnitt acht Monate später auf.
Doch auch bei Schulkindern können Xylit Kaugummis die Entstehung von Karies verhindern, verzögern oder beeinflussen. Schulkinder und Jugendliche naschen gern. Während in Kindertagesstätten noch auf das Zähneputzen nach dem Mittagessen geachtet werden kann, ist dies in der Schule kaum mehr möglich.
Nicht nur im typischen Schokoriegel, sondern auch in Tomatenketchup, Saucen, Kantinenessen – überall ist Zucker enthalten. Ein weiteres Risiko sind gesüßte Fertiggetränke, die für eine hohe Anzahl an Kariesbakterien im Mundraum sorgen.
Trägt das Kind nun eine Zahnspange, ist die Gefahr einer Absiedelung jener Bakterien noch höher. Durch den regelmäßigen Verzehr von Xylit Kaugummis und die dadurch signifikante Absenkung des Plaque-pH-Werts lässt sich Karies wirksam vorbeugen.
Eine Untersuchung der kurzfristigen Auswirkung des Xylit Konsums bei Kindern ergab, dass sich zwar keine relevante mikrobiologische Änderung des Speichels zeigte, der Streptokokkenspiegel in der Mundhöhle aber signifikant sank. Somit ist davon auszugehen, dass die positive Wirkung der Xylit Kaugummis bereits nach kurzer Anwendungsdauer eintritt.
Hochwertige Xylit Kaugummis vs. Supermarktprodukte
In nahezu jedem Supermarkt gibt es Kaugummis mit Xylit. Sie werden als Zahnpflegekaugummis deklariert und sind laut Werbeversprechen eine Wunderwaffe gegen Karies. Tatsächlich solltest du auf hochwertige Xylit Kaugummis zurückgreifen, wie bereits ein Test des Magazins Ökotest belegt hat.
In zahlreichen Supermarktprodukten sind weder die Inhaltsstoffe eindeutig deklariert, noch gibt es Hinweise darauf, wie hoch der Anteil an Xylit in den Kaugummis ist. Ökotest hat bei einer Untersuchung von 32 Produkten nur dreimal das Testergebnis sehr gut vergeben. In 21 Produkten fanden sich umstrittene und vor allem überflüssige Süßstoffe.
Xylit Kaugummis und die Akzeptanz
Kaugummikauen gehört für viele Menschen längst zum Alltag. Was sich auf dem Gehsteig als unschönes Übel erweist, wenn der Kaugummi nicht korrekt entsorgt wird, kann für die Zähne ein Segen sein. Doch zahlreiche Konsumenten verzehren Kaugummis nicht wegen ihrer positiven Auswirkung auf die Zähne, sondern wegen des süßen Geschmacks. Zuckerhaltige Produkte finden sich in jedem Supermarkt. Der positive Effekt auf die Zahngesundheit kehrt sich bei diesen Kaugummis natürlich um.
Doch wie hoch ist die Akzeptanz von Xylit Kaugummis? Eine Studie hat den Vergleich zwischen Sorbit- und Xylitkaugummis gezogen und eine Gruppe bestehend aus 122 Müttern getestet. Beide Gruppen erhielten Kaugummis für eine Langzeittherapie. Die erste Gruppe kaute Sorbitol, die zweite Xylitol. Am Ende der Studie bewies sich eindeutig, dass die Akzeptanz von Xylit Kaugummis höher war.
Auch bei Kindern erfreut sich der Verzehr von Xylit Kaugummis einer hohen Akzeptanz. Das regelmäßige Kaugummikauen wird zur Zahnpflege deutlich stärker akzeptiert als das Zähneputzen in der Schule nach dem Mittagstisch. Durch die regelmäßige Anwendung zeigen sich positive Effekte, die durch eine umfassende Zahnhygiene zu Hause noch gesteigert werden können.
Verträglichkeit von Xylit Kaugummis
Xylit gilt als einer der wenigen gesundheitlich unbedenklichen Süßstoffe. Birkenzucker, wie das Produkt auch genannt wird, kann industriellen Zucker 1:1 ersetzen und hat eine ähnliche Süßkraft. Daher schmecken Xylit Kaugummis auch überaus süß und erfreuen sich einer hohen Akzeptanz.
Dennoch tragen Kaugummis mit Xylit oft den Hinweis: „Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“. Dieser Effekt tritt vor allem dann auf, wenn du noch keine Erfahrung mit Xylit gesammelt hast. Dein Körper kennt den neu zugeführten Süßstoff nicht und dein Darm kann ihn nicht vollständig absorbieren. Infolgedessen produziert deine Darmwand Flüssigkeit und diese kann zu Durchfall führen.
Doch die gute Nachricht ist, dass diese Nebenwirkungen nicht nur harmlos sind, sondern meist nicht lange anhalten. Beim bestimmungsgemäßen Verzehr von Xylit Kaugummis ist ein solcher Effekt nur selten zu beobachten. Die Dosisempfehlung beträgt je nach Kaugummisorte zwischen zwei und vier Kaugummis pro Tag, für eine maximale Kaudauer von 20 Minuten je Stück.
Nebenwirkungen umgehen
Wenn du unter einem empfindlichen Darm leidest, kannst du deinen Körper langsam an Xylit Kaugummis gewöhnen. Starte nicht gleich mit der vollen Dosierung, sondern taste dich langsam heran. Anstelle von vier Kaugummis verzehrst du zwei. Verträgst du deine Dosis optimal, kannst du dich langsam steigern. Auf diese Weise ist es in den meisten Fällen möglich, Durchfälle und ähnliche Begleiterscheinungen völlig zu vermeiden.
Art und Dauer der Anwendung
Der Xylit Kaugummi ist nicht in der Lage das Zähneputzen und eine ordentliche Mundhygiene zu ersetzen. Das muss immer wieder erwähnt werden, denn Nachlässigkeiten können den positiven Effekt des Kaugummis umkehren. Verzichtest du mit dem Gedanken: „ich habe ja Kaugummi gekaut“ auf das Zähneputzen, kann dies sogar zur beschleunigten Entstehung von Karies führen.
In eine optimale Mundhygiene sollten Xylit Kaugummis integriert werden. Die perfekte Zahnpflege besteht aus mehreren Säulen:
- Regelmäßiges Zähneputzen mit der richtigen Zahnbürste
- Reinigung der Zahnzwischenräume
- Kauen von Xylit Kaugummis
- Professionelle Zahnreinigung
Es fängt beim Zähneputzen an. Mit der richtigen Zahnbürste bist du bereits einen großen Schritt weiter. Zweimal täglich empfehlen Experten die Zähne für mindestens zwei Minuten zu putzen. Hierfür eignen sich Morgen und Abend am besten.
Auch die Zahnzwischenräume solltest du dabei beachten und reinigen. Hierfür eignen sich unter anderem Interdentalbürsten.
Das ist die Basis und zur Ergänzung werden Xylit Kaugummis eingesetzt. Zwei bis dreimal täglich nach einer Zwischenmahlzeit, nach dem Konsum von Süßigkeiten oder dem Verzehr gesüßter Getränke kommt der Kaugummi zum Einsatz. Je nach Herstellerempfehlung solltest du den Xylit Kaugummi mindestens 20 Minuten im Mund behalten und dabei auch gründlich kauen.
Merke: Den Kaugummi in der Backentasche zu „parken“ ist nicht sehr effektiv und mindert den Effekt. Gründliches Kauen sorgt hingegen für einen vermehrten Speichelfluss und für eine zusätzliche mechanische Reinigung der Zähne.
Die Creme de la Creme für gepflegte Zähne ist schließlich die regelmäßige professionelle Zahnreinigung, kurz PZR, bei deinem Zahnarzt.
Die Kombination dieser vier Reinigungspfeiler senkt das Risiko von Karies und anderen Munderkrankungen drastisch. Xylit Kaugummis allein können diesen Effekt nicht erreichen, aber kräftig unterstützen.
Fazit
Xylit Kaugummis sind eine wunderbare Ergänzung zur täglichen Mundhygiene. Zahlreiche Experten und Studien sind sich einig, dass eine regelmäßige Verwendung der sogenannten „Zahnpflegekaugummis“ mit Xylit einen enormen Effekt auf die Mundgesundheit haben.
Der Speichelfluss wird angeregt, der Gehalt an Kariesbakterien reduziert. Dieser Effekt tritt bereits in frühster Kindheit bei Kindern auf, deren Mütter während der Schwangerschaft Xylit Kaugummis konsumiert haben. Es darf also nach Herzenslust gekaut werden, für die Gesundheit deiner Zähne.
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https://www.dentalmagazin.de/praxiszahnmedizin/prophylaxe/schuetzt-kaugummikauen-vor-karies/ - Oekotest.de, (2016): 32 Zahnpflegekaugummis im Test
https://www.oekotest.de/gesundheit-medikamente/32-Zahnpflegekaugummis-im-Test_108608_1.html