Die Sprache der Zunge – Zungendiagnostik in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)

... und wie die westliche Schulmedizin die Zunge im medizinischen Kontext betrachtet

Die Sprache der Zunge
Die Sprache der Zunge
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    In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) spielt die Zunge eine Schlüsselrolle während der Diagnostik unterschiedlicher Erkrankungen. Vorweg sei an dieser Stelle gesagt, dass nicht alle Veränderungen und daraus gezogene Schlüsse in der westlichen Schulmedizin Anerkennung finden, ebenso werden aber nicht alle pauschal diskreditiert. Das liegt auch daran, dass die Schulmedizin die Zunge selbst als einen Indikator in der Diagnostik nutzt, wenn auch mit weitaus weniger Rückschlüssen, die davon abgeleitet werden.

    Im nachfolgenden Artikel möchten wir einmal aufzeigen, welche Veränderungen in der „Sprache der Zunge“ für was stehen – und wie die westliche Schulmedizin die Zunge im medizinischen Kontext betrachtet.

    Konkrete Zungen- und Mundraumbeschwerden in der westlichen Schulmedizin

    Bevor wir uns der Zungendiagnostik speziell widmen, möchten wir auf eine Reihe von typischen Beschwerden im Mundraum beziehungsweise konkret auf der Zunge hinweisen. Selbige sind in der westlichen Schulmedizin anerkannt und entweder konkret eine Erkrankung oder das Symptom einer Krankheit. Im Regelfall äußern sich solche Beschwerden durch ein schmerzendes und brennendes Gefühl direkt auf der Zunge, welches normalerweise aber nicht auf andere Partien im Mundraum ausstrahlt.

    Die häufigsten Ursachen hat Bernard J. Hennessy (DDS, Texas A&M University, College of Dentistry) für das MSD-Manual für Ärzte wie folgt zusammengefasst:

    • Nahrungsmittel mit hohem Säureanteil, beispielsweise Ananas und Zitronen
    • Einzelne, reizende Zutaten in Nahrungsmitteln
    • Medikamente, insbesondere Antihistaminika, Antipsychotika und trizyklische Antidepressiva
    • Trauma, unter anderem durch Bruxismus, Zahnverletzungen oder Besteck

    Seltenere Ursachen sind laut dem MSD-Manual:

    • Aphten und vergleichbare Entzündungen
    • Burning-Mouth-Syndrom
    • Pilzinfektionen
    • Zöliakie

    Nicht alle diese Ursachen führen zu konkreten Veränderungen der Zunge. Bei der atrophischen Glossitis ist durchaus denkbar, dass sich die Zunge optisch in einem tadellosen Zustand befindet, der Patient aber dauerhaft Schmerzen verspürt. Selbiges gilt für das Burning-Mouth-Syndrom, welches im medizinischen Fachjargon alternativ als „Glossdynie“ bezeichnet wird.

    In der westlichen Schulmedizin gilt, dass sich krankhafte Veränderungen der Zunge, die nicht durch Infektionen ausgelöst wurden, durch eine Beseitigung der Ursache behandeln lassen. Wer also beispielsweise allergisch auf einen Inhaltsstoff in der Zahnpasta reagiert, sollte selbige nicht mehr verwenden. Wer empfindlich auf Säuren reagiert, sollte saures Obst meiden. Des Weiteren werden in der Schulmedizin Spülungen empfohlen.

    Deutsche vertrauen auf Klassisches

    Eine Studie zur Mundhygiene widmete sich den beliebtesten Mund- und Zahnpflegeprodukten der Deutschen. Wenig überraschend dominiert die Zahncreme das Feld, gefolgt von Mundspülungen. Auffallend ist der Umstand, dass Produkte für die Zungenreinigung leider noch ein Schattendasein fristen und kaum mehr Anteil als die Gebisshaftcreme erzielen.

    Deutsche haben hier Nachholbedarf, denn von der Zunge gehen viele Bakterien aus, die auf das Zahnfleisch, den Rachen, den Magen und konkret die Zähne übergreifen können.

    Zungendiagnostik in der Traditionellen Chinesischen Medizin – Zunge und Organe, das geht Hand in Hand

    Die Traditionelle Chinesische Medizin unterstellt, dass einzelne Bereiche der Zunge in direkter Verbindung zu Organen im Körper stehen. Darauf baut der Gedanke auf, dass Veränderungen der Zunge auf Erkrankungen der jeweiligen Organe hinweisen könnten. Dazu ein Beispiel: Funktioniert die Milz nicht einwandfrei, sollte das nach der TCM gut an der Zunge sichtbar sein, selbst wenn die Erkrankung der Schulmedizin nach nicht zusammenhängt. Im weiteren Verlauf gehen Befürworter der TCM davon aus, dass sich durch eine regelmäßige Beobachtung der Zunge auch feststellen lässt, welchen Krankheitsverlauf die Erkrankung und die Allgemeingesundheit des damit verbundenen Organs nehmen.

    TCM-Zungendiagnostik in der Praxis

    Der Behandler ist darauf angewiesen, dass der Patient einige Regeln befolgt, bevor er eine Diagnose durchführen kann. Dazu gehört:

    • Vor der Zungendiagnostik sollten Patienten nicht essen oder trinken.
    • Auf das Putzen der Zähne ist bis zur Diagnostik zu verzichten.
    • Raucher müssen bis zur Diagnose ebenfalls darauf verzichten.
    • Generell ist alles zu meiden, was die Zunge in irgendeiner Art und Weise verfärbt.

    Der Patient streckt dem Behandler nun locker die Zunge raus, welcher wiederum sowohl den Belag als auch das generelle Aussehen der Zunge analysiert. Bei der Behandlung nach der TCM berücksichtigt der Arzt und/oder Heilpraktiker, dass sich die Zunge entsprechend dem Klima und der Jahreszeit verändert. Traditionell ist der Zungenbelag üppiger und dicker im Sommer, während die Zunge im Herbst meist ein wenig trockener ist.

    Eine nach TCM gesunde Zunge zeichnet sich dadurch aus:

    • sie ist zart und weich
    • sie ist agil und locker
    • sie besitzt eine hellrote Farbgebung
    • sie ist etwas feucht, aber nicht nass
    • der Belag ist dünn, weiß und nur bei genauerem Hinsehen erkennbar

    Die Zeichen der Zunge – das bedeuten die jeweiligen Veränderungen

    Die Zeichen der Zunge - das bedeuten die jeweiligen Veränderungen

    Nachfolgend haben wir die Zeichen der Zunge, so wie sie in der Traditionellen Chinesischen Medizin und teilweise auch der westlichen Schulmedizin interpretiert werden, zusammengetragen. Wenn du dich an die eben erwähnten Regeln hältst (vorher keine Nahrung aufnehmen, nichts trinken, nicht rauchen und keine Zähne putzen), könntest du diese Zeichen auch als Anlass zu einem Selbsttest nehmen. Beachte dabei aber bitte, dass nicht alle davon in der westlichen Schulmedizin anerkannt sind.

    #1 Weißer Belag

    Kommt bei einer Erkältung zustande, könnte aber auch auf eine Erkrankung im Magen-Darm-Trakt hinweisen. Befindet sich der weiße Belag nur am hinteren Ende der Zunge, könnte selbiger auf Scharlach hindeuten.

    #2 Weiße Flecken

    Deuten mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Pilzerkrankung hin und sind nicht nur auf die Zunge beschränk, sondern können auf den Mundraum generell übergreifen. Der Hefepilz Candida albicans ist maßgeblich für weiße Flecken verantwortlich.

    #3 – Stark gerötete Zunge

    Manchmal liebevoll „Himbeerzunge“ genannt, aber ein typisches Symptom für Scharlach. Das Kawasaki-Syndrom wird sowohl in der chinesischen als auch westlichen Medizin mit einer starken Rötung der Zunge assoziiert.

    #4 – Zunge wirft im vorderen Bereich Falten

    Die wenigsten Menschen haben Falten auf der Zunge – einige aber eben schon. Das ist eine anatomische Anomalie, die tendenziell unbedenklich ist. Die Verwendung eines Zungenreinigers ist besonders wichtig, denn in der Falte sammeln sich schnell viele Bakterien. Wir haben in unserem Kaufratgeber für Zungenreiniger zehn hochwertige Produkte für dich herausgesucht.

    #5 – Lackzunge

    So wird eine erheblich gerötete, sehr glatte und glänzend schimmernde Zunge beschrieben, welche mit Erkrankungen der Leber assoziiert wird, allen voran der Leberzirrhose.

    #6 Verschiedene Beläge

    Einen gelben Belag der Zunge verbindet die Zungendiagnostik mit Erkrankungen an der Galle und/oder der Leber. Ein brauner Belag wird mit Nierenschwäche assoziiert. Ist die Zungenmitte weiß gefärbt, am Rand sind aber rote Flecken erkennbar, könnte das als Symptom für Typhus gedeutet werden. Ist der Belag weiß oder grau und riecht entweder süß oder unangenehm, deutet das auf Diphtherie hin. Schwarze Beläge mit langen Papillen treffen vorwiegend Männer. Die Zunge sieht dann „pelzig“ und „haarig“ aus, meist ist das eine harmlose, wenn auch sehr unangenehm anzuschauende Verfärbung. Das Rauchen kann die schwarze Zunge begünstigen.

    #7 – Blutende Stellen

    Handelt es sich nicht um eine mechanische Verletzung wie einen Schnitt, solltest du damit bei einem Arzt vorstellig werden. Blutige Stellen können ein Hinweis auf Mund- beziehungsweise Zungenkrebs sein.

    #8 – Knoten und Furchen

    Bildet deine Zunge Knoten oder besitzt Furchen, teilweise noch mit Blasen, ist als Diagnose Plaques muqueuses wahrscheinlich. Im zweiten Stadium der Syphilis treten diese Symptome auf. Treten keine Knoten mit den Furchen, dafür aber Risse auf, wird das mit Erkrankungen des Darms assoziiert.

    #9 – Gerötete Zungenränder

    Werden in der TCM mit einer negativen Beeinträchtigung der Leber verbunden.

    #10 – Schwellung

    Eine geschwollene Zunge ist in vielen Fällen Anzeichen einer Allergie. Denkbar ist ebenfalls, dass die Zunge anschwillt, selbst wenn sie nicht in direkten Kontakt mit dem Stoff kam, der die Allergie auslöst.

    #10 – Brennendes Gefühl

    Die „brennende“ Zunge wird mit Diabetes assoziiert. Ebenso ist ein Vitaminmangel denkbar, insbesondere Vitamin B12.

    Unterteilung der Zunge nach der TCM

    In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird die Zunge in vier Bereiche unterteilt, die wiederum die jeweiligen Organe widerspiegeln. Das sind:

    • Zungenspitze für Herz und Lunge
    • Zungenmitte für Milz und Magen
    • Zungenwurzel für die Niere
    • Zungenränder für Leber und Galle

    Spezielle Veränderungen, wie sie eben dargelegt wurden, werden dann Erkrankungen an den jeweiligen Organen zugeschrieben. Anhand der optischen Veränderungen ist es nach TCM ebenfalls möglich, den Krankheitsverlauf zu beobachten. Eine intensivere Ausprägung eines Belags würde folglich bedeuten, dass sich auch der Zustand des Organs verschlechtert beziehungsweise die Erkrankung ein neues Stadium erreicht hat.

    Beobachtung der Zunge in der Schulmedizin und Zahnmedizin

    Abschließend möchten wir darauf hinweisen, dass viele Mediziner die Zunge durchaus in ihrer Diagnostik berücksichtigen, selbst wenn sie sich dafür nicht an der TCM-Zungendiagnostik orientieren. Die Schulmedizin, wie sie in Deutschland von Ärzten angewandt wird, lässt in Verbindung mit der Zunge Rückschlüsse auf solche Erkrankungen zu:

    • Erkrankungen der Leber und Nerven
    • Krebs
    • Dehydrierung und/oder Sauerstoffmangel
    • Vergiftungen
    • Verdauungsstörungen
    • Blutarmut

    In der Zahnmedizin erfährt die Zunge sowieso besondere Zuwendung, denn vielmals sind Bakterien auf der Zunge ein Auslöser für eine Verschlechterung des Zustands im Mundraum. Viele Ärzte empfehlen ihren Patienten daher explizit die Anwendung eines Zungenreinigers, selbst wenn damit keine Diagnose mit Hinblick auf Organe oder vergleichbare Erkrankungen gestellt wird. Sinn und Zweck der Zungenreinigung ist in der Zahnmedizin, selbige von Bakterien zu befreien, damit diese einerseits keinen Mundgeruch verursachen und andererseits nicht auf Zähne und Zahnfleisch übergreifen. Die „Bayerische LandesZahnärzteKammer“ empfiehlt ausdrücklich eine häusliche und ergänzend sogar eine professionellen Zungenreinigung.