Bambuszahnbürsten: wie gut und nachhaltig sind sie wirklich?

Werden sie ihrem Ruf auch bei genauerer Betrachtung gerecht?

Bambuszahnbürsten wie gut und nachhaltig sind sie wirklich
Bambuszahnbürsten wie gut und nachhaltig sind sie wirklich
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    Bambuszahnbürsten werden von vielen Menschen als umweltschonende Alternative zu herkömmlichen Plastikzahnbürsten angesehen. Sie sollen weitestgehend biologisch abbaubar sein und zudem ein mit normalen Modellen vergleichbares Reinigungsergebnis abliefern. Doch können Bambuszahnbürsten ihrem Ruf auch bei genauerer Betrachtung gerecht werden?

    Warum Bambuszahnbürsten eine Alternative zu Modellen aus Plastik darstellen

    Warum Bambuszahnbürsten eine Alternative zu Modellen aus Plastik darstellen

    Schätzungen des WWF zufolge bestehen rund drei Viertel des Mülls in den Weltmeeren aus Plastik. Pro Jahr gelangen bis zu 12,7 Millionen Tonnen neues Plastik in die Ozeane. Neben Überfischung sowie der Versauerung des Meereswassers stellt die anhaltende Plastikverschmutzung damit das größte Umweltproblem für den Lebensraum Ozean dar.

    Studien zeigen, dass Plastik in der Umwelt allmählich zerrieben wird, bis es sich in kleinste Partikel wie Mikroplastik aufteilt. Diese Partikel können wiederum von Meeresbewohnern aufgenommen werden, wodurch sie letzten Endes über den Fischfang auf dem Teller landen. Zwar sind die langfristigen Effekte von Mikroplastik noch nicht ausreichend erforscht. Das die zahlreichen chemischen Verbindungen, welche in Plastik enthalten sind, jedoch nachteilige Effekte auf den menschlichen Organismus haben, steht außer Zweifel.

    Aus diesem Grund strebt eine wachsende Anzahl an Menschen an, ihren persönlichen Plastikverbrauch so weit es geht zurückzuschrauben. Plastikzahnbürsten bieten hierfür durchaus einen guten Ansatzpunkt. Bei Zahnbürsten handelt es sich um ein Verbrauchsgut. Im Laufe der Zeit nutzen sich die Borstenköpfe immer weiter ab. Zahnärzte empfehlen daher, die Bürste ca. alle drei Monate auszutauschen. Über die Jahre hinweg entsteht hierdurch eine große Menge an zusätzlichem Abfall.

    Dem sollen Zahnbürsten aus Bambusholz abhelfen. Bambus ist ein natürlicher und nachwachsender Rohstoff. Er ist biologisch abbaubar und eignet sich daher durchaus für einen häufig auszutauschenden Gebrauchsgegenstand. Mittlerweile existieren zahlreiche Hersteller, die sich auf Bambuszahnbürsten und andere nachhaltige Pflegeutensilien konzentrieren. Der Umsatz im Bereich Bambuszahnbürsten soll in den kommenden sieben Jahren im Durchschnitt um 9,5 Prozent pro Jahr steigen.

    Hierbei stellen sich jedoch zwei grundlegende Fragen: Wie gut ist es um die tatsächliche Reinigungskraft und Nutzbarkeit solcher Bambuszahnbürsten bestellt und wie nachhaltig sind diese wirklich?

    Wie gut reinigen Bambuszahnbürsten wirklich?

    Wie gut reinigen Bambuszahnbürsten wirklich

    Bereits an dieser Frage scheiden sich die Geister. Fest steht, dass es aktuell keine unabhängigen und zuverlässigen Studien gibt, welche eine fundierte Aussage über die Reinigungskraft von Bambuszahnbürsten zulassen würden. Das Magazin Öko Test hatte genau diesen Aspekt in einem im September dieses Jahres erschienenen Artikel kritisiert.

    Aus diesem Grund rät auch der Bundesverband der Kinderzahnärzte zur Vorsicht bei der Nutzung von Zahnbürsten aus Bambus oder anderem Holz durch Kinder. Als einer der Gründe für die ablehnende Haltung wird dabei die spezielle Struktur der Borsten herangezogen. Diese sind bei vielen Holzzahnbürsten nicht so abgerundet wie bei klassischen Nylonborsten. Vielmehr werden viele Natur- oder Ersatzfasern einfach abgeschnitten. Dadurch ist ihre Struktur rauer und die Gefahr, sich am Zahnfleisch zu verletzen, ist größer.

    Gleichfalls gibt es auch diverse Zahnärzte, welche im Gebrauch der alternativen Zahnbürsten keine Gefahr sehen. Zudem widersprechen auch die Hersteller selbst der Behauptung, ihre Produkte würden eine geringere Reinigungsleistung aufweisen. Ohne seriöse Testergebnisse ist eine abschließende Bewertung zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht wirklich möglich.

    Bambus verhält sich anders als Plastik

    Doch auch abseits ihrer Reinigungswirkung ist die Nutzung von Bambuszahnbürsten mit zusätzlichen Schwierigkeiten verbunden. Im Gegensatz zu Plastikmodellen, können natürliche Produkte nähmlich bei unsachgemäßer Verwendung Schimmel ansetzen. Grund hierfür ist u. a. die Tatsache, dass die Borsten nicht mit dem Borstenkopf verschweißt werden können, was zur Bildung von Hohlräumen führt. Um Schimmelbildung zu verhindern, ist es notwendig, diese Zahnbürsten nach jedem Gebrauch richtig zu säubern und anschließend abzutrocknen.

    Ein weiterer Aspekt, welcher berücksichtigt werden sollte, ist die spezielle Struktur des Bambusgriffes. Bambus ist nicht so glatt wie Kunststoff. Es verfügt über eine rauhe Oberfläche mit vielen kleinen Rillen. Hieraus ergeben sich jedoch zwei konkrete Nachteile. Zum einen kann das rauhe Material vor allem bei Menschen, die noch nie zuvor eine Bambuszahnbürste benutzt haben, schnell zu Irritationen und wunden Lippen führen. Gleichzeitig biet die rillige Struktur Keimen einen besseren Boden.

    Andererseits sollen Bambuszahnbürsten über eine inhärente antibakterielle Wirkung verfügen. Diese ist auf den Bambus selbst zurückzuführen. Eine Untersuchung der TU Dresden führte zutage, dass Bambus tatsächlich über eine leicht antibakterielle Wirkung verfügt. Diese nimmt bei behandeltem Bambus zudem nochmals spürbar zu, was auf die verwendeten Öle zurückgeführt werden kann.

    Wie nachhaltig ist Bambus als Rohstoff?

    Wie nachhaltig ist Bambus als Rohstoff

    Das Hauptargument für die Verwendung von Bambus statt Plastik ist die Nachhaltigkeit von Bambus. Die Pflanze ist auf der Erde weitverbreitet. Tatsächlich kann sie auf allen Erdteilen, mit Ausnahme Europas und der Antarktis, angetroffen werden. Bambus wächst zwischen 46° nördlicher bis 47° südlicher Breite und nennt somit einen Großteil der Tropen und Suptropen sein Zuhause. Im Gegensatz zu Erdöl, welches für die Herstellung von Kunststoff benötigt wird, ist Bambus ein nachwachsender Rohstoff.

    Allerdings wäre es voreilig, die massenhafte Verwendung von Bambus deshalb als nachhaltig zu bewerten. Es stimmt, dass Bambus ein sehr schnell nachwachsender Rohstoff ist. Selbst die trägsten Bambusarten wachsen bis zu zehn Meter im Jahr. Allerdings muss bei der Verwendung von Produkten aus Bambus berücksichtigt werden, dass dieser im industriellen Maßstab vor allem in China angebaut wird. Ehe der Rohstoff in Deutschland ankommt, hat er daher bereits eine lange Reise über das Meer hinter sich. Das dabei freigesetzte CO² muss bei der Bilanz von nachhaltigen Bambusprodukten also berücksichtigt werden.

    Auch die Sozialstandards, unter welchen der Rohstoff vorort angebaut wird, sollten bei der Betrachtung mit einbezogen werden. Die Sozialstandards in China sind mit denen in Europa nicht zu vergleichen. Allerdings ist die chinesische Bambuswirtschaft nach wie vor noch von einer Vielzahl an bäuerlichen Kleinbetrieben geprägt. Diese werden durch die erhöhte Nachfrage nach ihrem Produkt durchaus unterstützt.

    Selbstverständlich schneidet Bambus mit Blick auf die Gesamtbilanz besser als eine Vielzahl an Kunststoffen ab. Dass es sich hierbei jedoch um einen vollkommen nachhaltigen Rohstoff handelt, ist so nicht richtig. Die Realität ist wie immer komplexer.

    Nylon ist beständig

    Allerdings bestehen Bambuszahnbürsten trotz ihres Namens keineswegs nur aus Bambus. Für die Herstellung der Borsten wird nämlich ein anderes Material verwendet. Meistens handelt es sich dabei um Nylon. Nylonborsten finden auch in vielen herkömmlichen Zahnbürsten Verwendung. Grund hierfür sind die guten Eigenschaften des Stoffes. Nylon ist reißfest und widerstandsfähig, verfügt gleichzeitig jedoch auch über eine hohe Flexibilität.

    Der große Nachteil von Nylon ist jedoch, dass es als Kunststoff nicht biologisch abbaubar ist. Aus diesem Grund ist es also nicht möglich, Bambuszahnbürsten mit Nylonborsten als Ganzes in der Biotonne oder auf dem Kompost zu entsorgen. Stattdessen müssen die Borsten vorher mit einer Zange oder etwas Ähnlichem entfernt und separat im Restmüll entsorgt werden. Dies wirkt sich natürlich im zusätzlichen Maße negativ auf die Umweltbilanz mancher Bambuszahnbürsten aus.

    Nylon ist beständig

    Um diesem Problem beizukommen, setzen manche Hersteller daher auf Nylonalternativen. Eine gängige Variante stellt dabei das sogenannte Nylon-4 dar. Dieses wird zwar ebenfalls aus Erdöl gewonnen, wird jedoch in der Natur abgebaut, wie Studien belegen. Auf diese Weise kann die Bambuszahnbürste als Ganzes biologisch abgebaut werden. Die CO²-Bilanz verschlechtert sich dadurch jedoch noch etwas mehr.

    Allerdings sollte man beim Kauf diesbezüglich Acht geben. Einige Hersteller setzen nämlich statt Nylon-4 auf Nylon-6. Dieses baut sich zwar im Laufe der Zeit ebenfalls ab. Allerdings ist seine Verweildauer deutlich länger, sodass es nicht wirklich als biologisch abbaubar bezeichnet werden kann.

    Naturfaser, oder doch nicht?

    Neben Nylon und seinen Ablegern kommen bei den Borsten von Bambuszahnbürsten in den letzten Jahren auch zunehmend noch andere Stoffe zum Einsatz. Ein Beispiel hierfür ist Bambus-Viskose. Viskosefasern kommen in erster Linie in verschiedenen Textilien zum Einsatz. Auch aus Bambusfasern kann Viskose hergestellt werden. Dabei wird die enthaltene Zellulosefaser in einen synthetischen Stoff umgewandelt.

    Damit dieser Prozess funktioniert, bedarf es allerdings eines umfangreichen chemischen Verfahrens. So wird die Naturfaser mit Natronlauge, Schwefelkohlenstoff und Wasser behandelt und zu einem langen Faden gesponnen. Dieser Prozess benötigt zudem eine große Menge an Energie. Zwar wird bei der Herstellung von Viskose auf Erdöl verzichtet. Allerdings entstehen dabei eine Reihe von umweltschädlichen Beiprodukten.

    Aufgrund der aufwendigen Herstellung von Viskose und dem Einsatz diverser Chemikalien akzeptiert der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaft den Stoff nicht als Naturfaser. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Faser aus Bambus, Mais oder Holz gewonnen wird.

    Eine weitere Alternative stellen Borsten aus Rizinusöl dar. Riszinusöl wird aus den Samen des Wunderbaums gewonnen. Es kann anstatt Erdöl für die Herstellung von Kunststoff verwendet werden. Einige Hersteller von Bambuszahnbürsten wie beispielsweise Hydrophil setzen mittlerweile auf diesen Stoff, um möglichst nachhaltige und biologisch abbaubare Borsten herzustellen.

    Die richtige Verpackung

    Auch abseits der eigentlichen Zahnbürste stellt sich die Frage des verwendeten Materials. Eine der häufigsten Formen von Kunststoffmüll sind Verpackungen. In den vergangenen Jahren wurden daher sowohl von staatlicher Seite wie auch von verschiedenen NGOs Kampagnen durchgeführt, um den Verbauch von Plastikverpackungen wie z. B. Plastiktüten zu reduzieren.

    Bei einem weitgehend biologisch abbaubarem Produkt wie Bambuszahnbürsten liegt es daher nahe, dass auch die Verpackung zu 100 % biologisch abbaubar ist. Tatsächlich versuchen auch zahlreiche Hersteller, eben diesem Anspruch gerecht zu werden. Allerdings gibt es nach wie vor eine Reihe von Produkten, deren Verpackung weniger abbaubar ist, als der eigentliche Inhalt. Käufer sollten daher besonders auf die jeweiligen Herstellerangaben achten.

    Fazit – genau hinsehen lohnt

    Fazit - genau hinsehen bei der Bambuszahnbuerste lohnt

    Zweifelsohne sind biologisch abbaubare Zahnbürsten eine vernünftige Möglichkeit, der großen Menge an Plastikabfall zumindest ein kleines Stück weit entgegenzuwirken. Allerdings wäre es gleichzeitig etwas verfrüht, zu behaupten, Bambus könne in dieser Hinsicht als Königsweg der Nachhaltigkeit betrachtet werden.

    Wie so oft, müssen Verbaucher daher selbst darauf achten, was in ihren Warenkörben und ihren Zahnbürstengläsern landet. Grundsätzlich gibt es durchaus Zahnbürsten, die komplett biologisch abbaubar sind. Gleichfalls muss man bei manch anderen Produkten jedoch auch weiterhin im Notfall getrennt entsorgen.

    Unabhängig davon, wie nachhaltig eine Bambuszahnbürste nun tatsächlich ist, steht hinter ihrer Wirksamkeit im Vergleich zu normalen Zahnbürsten jedoch nach wie vor ein Fragezeichen. Es ist unwahrscheinlich, dass die Bürsten deutlich schlechter abschneiden als ihre Konkurrenz aus Plastik. Zum einen setzen einige Bambusmodelle ja durchaus auf ähnliche Borsten aus Nylon. Zum Anderen treten mittlerweile auch namhafte Hersteller wie Colgate mit Zahnbürsten aus Bambus auf den Markt.

    Letztlich liegt die Entscheidung also bei jedem selbst. Wer auf der Suche nach einer passenden Bambuszahnbürste ist, sollte sich vorher mit Hilfe eines Ratgebers weitergehend informieren.